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Vaterschaftsanfechtung BVerfG stärkt Rechte des leiblichen aber nicht rechtlichen Vaters

Biologische Väter sollen künftig die Vaterschaft anderer Männer leichter anfechten können. Das entschied das BVerfG in einer Grundsatzentscheidung im April 2024. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, bis zum 30. Juni 2025 das Recht zur Anfechtung der Vaterschaft neu zu regeln.

Ausgangsfall

Anlass der Entscheidung des BVerfG war folgender Sachverhalt:

Ein Mann aus Sachsen-Anhalt hatte sich vergeblich durch alle Instanzen geklagt, um als rechtlicher Vater seines dreijährigen Sohnes anerkannt zu werden. Die Mutter des Kindes hatte sich kurz nach der Geburt von ihm getrennt und einige Monate später ihren neuen Lebensgefährten als rechtlichen Vater eintragen lassen. 

Zu diesem Zeitpunkt hatte der leibliche Vater bereits die Feststellung seiner Vaterschaft beantragt. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg wies den Antrag zurück – im Einklang mit den gesetzlichen Regeln und der bisher herrschenden Rechtsprechung. 

Bisherige Rechtslage

Nach der bisherigen Rechtslage können biologische Väter die rechtliche Vaterschaft anderer Männer nicht anfechten, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine „sozial-familiäre Beziehung“ besteht (§ 1600 Abs. 2 BGB). Und das wird regelmäßig bejaht, wenn der rechtliche Vater mit der Kindesmutter verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit „in häuslicher Gemeinschaft“ zusammenlebt (§ 1600 Abs. 3 BGB). 

Deshalb kann in vielen Fällen, selbst wenn die biologische und genetische Abstammung des Kindes nachgewiesen wird, der leibliche Vater die Vaterschaft des rechtlichen Vaters nicht beseitigen. Da das BGB bisher nicht mehr als zwei Elternteile pro Kind anerkennt, kann der leibliche Vater seine Vaterschaft dementsprechend nicht rechtlich anerkennen lassen. Dann stünden dem leiblichen Vater keinerlei Mitspracherechte bzw. Entscheidungsbefugnisse bzgl. der Sorge des Kindes zu. Lediglich § 1686a BGB verleiht ihm ein Recht auf Umgang und ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, sofern dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Entscheidung des BverfG

Diese Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung seien mit dem Elterngrundrecht biologischer Väter aus Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar, urteilte das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2017/21). Den leiblichen Vätern müsse ein effektives Verfahren zur Verfügung gestellt werden, das es ihnen ermögliche, anstelle des rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater des eigenen Kindes zu werden. Sie müssten die Chance bekommen, Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen, wenn sie das wollten. 

Ausblick

Die bisherigen Regelungen bleiben zunächst in Kraft, jedoch längstens bis zum 30. Juni 2025. Bis dahin ist der Gesetzgeber verpflichtet, neue Regelungen zu treffen.

Das BVerfG hat in seinem Urteil auch die Möglichkeit eröffnet, dass mehr als nur zwei rechtliche Elternteile existieren können. Sollte der Gesetzgeber aber an zwei Elternteilen festhalten, müssten dem leiblichen Vater zumindest mehr Rechte zur Anfechtung der Vaterschaft verliehen werden. Für welche Option sich der Gesetzgeber entscheiden wird, ist bisher nicht bekannt.

Bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung hatte die Bundesregierung jedoch schon Pläne zur Erneuerung des Vaterschaftsrechts. Nach dem Plan des Justizministeriums solle künftig, wenn ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft bereits in Gang ist, kein anderer Mann mehr die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können.

Im konkreten Fall hob das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des OLGs Naumburg auf und verwies den Rechtsstreit zurück: Der Kläger könne beim OLG beantragen, das Verfahren bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen. 

Quelle: Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.04.2024 – 1 BvR 2017/21


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
29. August 2024

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